21. Februar 2014

Anekdote aus dem Wartezimmer


Vor etwa einer Stunde hatte ich eine wunderbare Begegnung. Eine strahlende Dame betritt das Wartezimmer, schaut mich und den Mitwartenden an und sagt: "Ach schön, da ist ja mal wenig los heute Morgen!" Ich lächle zurück und wir kommen ins Gespräch. 

Sie erzählt mir, dass sie in Kürze 93 wird, sichtlich stolz und mit Freude erfüllt. Noch bevor ich beginne zu rechnen, sagt sie, als ob sie meine Gedanken lesen kann: "Ja, ja, den Krieg hab' ich auch miterlebt." Und sie lächelt und scheint negative Erinnerungen einfach auszublenden. Kein "Drama", kein Gejammer! Noch nicht einmal als sie von ihrem aktuell schwachen Herzen berichtet, macht sie auf mich den Eindruck einer Leidenden. Ich kann nicht umhin, ihr Komplimente zu machen: Sie sieht wirklich deutlich jünger aus als 93! Dass sie auf mich Lebendigkeit und zugleich Ruhe ausstrahlt, traue ich mich nicht zu sagen; vielleicht ist es zu persönlich oder hört sich einfach zu abgefahren an. Jetzt, 60 Minuten später, denke ich, ich hätte ihr auch dieses - aus meiner Sicht - dicke Kompliment ruhig machen können. Was hätte passieren können? Sie denkt ich bin komisch, freut sich aber insgeheim über meine Worte?!

Die Sprechstundenhilfe kommt zur Tür herein und ruft meinen Namen. Ich stehe auf, gehe auf meine Gesprächspartnerin zu, die neben der Tür sitzt, und möchte mich verabschieden. Ihre Verabschiedung ist anders, als ich sie mir vorgestellt habe. Anstatt eines einfachen "Schönen Tag noch!" spricht sie die ermahnenden Worte: "Die jungen Leute heutzutage werden es schwer haben!" Ich bleibe stehen. Ich kann jetzt nicht einfach gehen und hake nach, was sie denn damit meine. "Die jungen Leute sind heute viel zu ... viel zu nervös!" Ich schaue sie an und kann nur nicken; denn ich vermute, dass sie Recht hat. Sie ist 93 und hat schon viel gesehen und oft fühle ich mich auch alles andere als in mir ruhend. 

Ruhe und Lebendigkeit zugleich - kein Gejammer und kein "Drama" - das sind für mich (nicht erst) heute hier und jetzt Ziele, die ich ganz groß mache! Und ich glaube, da gibt es einen Zusammenhang, der von großer Bedeutung ist. Wenn ich mich nicht dem Gejammer im Büro, im Lehrerzimmer, im Wartezimmer, wo auch immer anschließe, einfach nur um mitzureden oder um "wichtig" zu sein, dann habe ich mehr Sinn für die positiven Dinge um mich herum. Ich fühle mich mehr bei mir und glücklich! 
93 Jahre voller Glück bzw. mindestens 53 in meinem Fall, das ist ein Ziel, auf das es bewusst zuzusteuern lohnt, oder?!

Hier noch ein Lesetipp mit aussagekräftigem Untertitel: Will Bowen, "Einwandfrei. Wie sie aufhören, über Gott und die Welt zu klagen und stattdessen anfangen, wirklich das Leben zu genießen." 

Die innere Realität erschafft unsere äußere Realität! (Mehr dazu im nächsten Post.)

Ein "Erschaffer" wie du - 

Nicole


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